- aktuelle Andacht.
- 7 Wochen ohne - Fastenaktion der EKD
- Themen: Osterkerze 2023 | Jahreslosung 2023 | Vor 80 Jahren gezeichnet: die Stalingrad-Madonna
Andacht
Du bist ein Gott, der mich sieht.
Genesis 16,13
Liebe Gemeinde,
als Kantorin ist mein ausgeprägtestes Sinnesorgan mein Gehör. Ohne meine empfindsamen Ohren wäre meine Arbeit kaum möglich und meine musikalische Schaffenskraft dahin.
Umso mehr spricht mich die Jahreslosung an, in der es um einen anderen Sinn, nämlich das Sehen geht. Aber nicht um mein oder unser Sehen, sondern um den liebevollen Blick Gottes auf mich.
„Ein Blick sagt mehr als tausend Worte“ oder auch „mit den Augen streicheln“ sind landläufig gebrauchte Sprichworte mit denen die Kraft dieses Sinns ausgedrückt wird.
Die Jahreslosung ist der Geschichte von Abraham und Sara im ersten Buch Mose entnommen und fasst ein sehr persönliches Glaubensbekenntnis in Worte. Die Magd Hagar musste an Saras Stelle schwanger werden, da ihre Herrin unfruchtbar war. Durch ihre Leibesfrucht fühlt sich Hagar überlegen und wird hochmütig, weshalb sie schließlich in die Wüste fliehen muss. Dort, inmitten der Einsamkeit und Verzweiflung, schickt Gott ihr einen Engel, der sie mit ihrem Namen anspricht und ihr auf diese Weise ihre verlorene Würde zurückgibt. Er tröstet und bestärkt sie und nennt ihr den Namen, den sie ihrem Sohn geben soll: Ismael, als Zeichen dafür, dass Gott der Herr, ihr Leid gesehen und sie erhört hat.
Als der Engel entschwindet ist Hagar zwar immer noch allein inmitten der Wüste, aber kann voller Vertrauen und Zuversicht bekennen, dass sie sich von Gott wertgeschätzt fühlt: Du bist ein Gott, der mich sieht.
Für dieses Jahr wünsche ich Ihnen und uns viele solcher bestärkenden, tröstenden und Zuversicht gebenden Momente mit all unseren fünf Sinnen.
Als Kantorin werde ich meinen Teil dazu beitragen, die Petruskirche mit klangvollen Momenten zu füllen, die eine hörende Begegnung mit Gottes Liebe und
Gegenwart ermöglichen.
Ihre Tanja Schmid
Fastenaktion „7 Wochen Ohne“
Liebe Mitfastende,
drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder. Auch wenn umstritten ist, ob der Dichter und Philosoph Dante Alighieri (1265–1321) dies wirklich so schrieb: Die Welt ist voller Schönheit. Doch fällt es angesichts der aktuellen Krisen schwer, das zu sehen.
Nicht zu verzagen.
In dunklen Zeiten braucht es Licht, um den Mut nicht zu verlieren.
Die Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ der evangelischen Kirche steht deshalb in diesem Jahr unter dem Motto „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“.
Wir laden Sie ein, von Aschermittwoch bis Ostern mit uns unterwegs zu sein.
- „Licht an!“ heißt es in der ersten der sieben Wochen.
- Wir werden genau hinschauen:
- auf unsere Ängste (Woche 2)
- und auf das, was uns trägt und Kraft gibt (Woche 3).
- In der Mitte der Fastenzeit, der vierten Woche, strahlen und leuchten wir selbst.
- Von da an rückt Ostern immer näher, und wir gehen gemeinsam (Woche 5)
- durch die dunkle Nacht (Woche 6)
- in den hellen Morgen (Woche 7).
- In den sieben Fastenwochen geht es nicht allein um innere Erleuchtung, sondern auch um die Ausstrahlung auf andere.
- Werden wir unser Licht auch anderen schenken?
- Werden wir Helligkeit bringen?
- Mit unseren Worten, Gesten, unserem Tun?
Die Fastenzeit ist kein Verzicht um des Verzichts willen. Sie führt uns Tag für Tag zu neuen Erfahrungen. Diese Zeit lässt uns mit einem anderen Blick auf die Welt schauen.
Schön, dass Sie dabei sind!
Ralf Meister
Landesbischof in Hannover und Botschafter der Aktion „7 Wochen Ohne“
Bild: „7 Wochen Ohne/Getty Images“
Themen
- die Osterkerze 2023
- Jahreslosung 2023
- Vor 80 Jahren: Stalingrad-Madonna gezeichnet
„Herr, du siehst mich.“
Wo es eine Osternachtsfeier gibt, ist das Entzünden der Kerze Teil der Liturgie. Nach der Nachtwache, der sogenannten Vigil, beendet die Lichtfeier die Dunkelheit.
Dabei sind die Symbole, die auf einer Osterkerze stehen sollen, sehr wichtig. In der Offenbarung des Johannes 22,13 heißt es „Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ Die griechischen Buchstaben dafür sind Alpha und Omega.
Das Kreuz und die Jahreszahl vervollständigen den Kerzenschmuck. In katholischen Kirchen werden häufig noch 5 Wachsnägel mit etwas Weihrauch in die Kerze gesteckt, um an die Wundmale Christi zu erinnern.
Kirchenvater Hieronymus hat schon im 4. Jh. auf Anfrage, was es mit dem Brauch des Osterfeuers auf sich habe, ein Kerzenlob geschrieben, in dem er besonders auf die Bienen hinweist, die mit ihrer Arbeit diese Kerzen besonders wertvoll machen. Normale Kerzen waren damals aus Talg oder Fett mit Beigaben. Sie rußten stark und rochen nicht gut. Noch heute sollen Osterkerzen zumindest einen Anteil Bienenwachs enthalten.
In katholischen Kirchen brennt die Osterkerze meist bis Pfingsten im Altarraum und wird in der Regel dann nur zu Amtshandlungen (z. B. Taufen, Hochzeiten…) entzündet. In evangelischen Kirchen leuchtet die Osterkerze das ganze Jahr über bei Gottesdiensten und Andachten.
In der Petruskirche wird die Kerze im Ostergottesdienst um 10 Uhr erstmals entzündet. Sie nimmt in diesem Jahr wieder die Jahreslosung (1. Mose 16,13) auf.
Dennoch soll die große Hoffnung auf Frieden nicht vergessen werden und Sie finden – wie im vergangenen Jahr – die Friedenstaube auf unserer Kerze.
Barbara Bauer
Ich gehöre in Gottes Plan
Ach, warum musste sie es mal wieder so auf die Spitze treiben? Nun sitzt Hagar verzweifelt in der Wüste.
Die temperamentvolle Magd aus Ägypten ist jung, hübsch und schwanger. Und das hat sie ihrer betagten Herrin Sarah, die keine Kinder bekommen kann, wohl zu übermütig gezeigt. Mal über den gewölbten Bauch streicheln, mal signalisieren: „Nein, ich kann jetzt nicht helfen, ich trage ein Kind unter dem Herzen – von deinem Mann.“
Doch Sarah sitzt am längeren Hebel und hat Hagar mit dem Einverständnis von Abraham zur Minna gemacht. Da ist sie auf und davon gelaufen, zutiefst gekränkt: „Ich bin doch nicht für euch fromme Leutchen die Gebärmutter!“ Und jetzt?
Ein Engel Gottes spricht sie an: „Hagar, alles wird wieder gut. Entschuldige dich bei Sarah. Dein Sohn, den du austrägst, wird eine wichtige Rolle spielen.“ Und Hagar erkennt: Gott sieht mich!
Auch ich gehöre in Gottes Plan – nicht nur Sarah und Abraham.
So sagt es die Bibel, Gottes Wort: Jeder Mensch wird von Gott freundlich angesehen und wertgeschätzt. Jede und jeder ist Gottes geliebtes Kind, seine Tochter, sein Sohn.
Mich lässt das aufatmen, durchatmen und immer wieder neu anfangen.
Ach ja, wie oft schon habe ich mich verrannt, weil ich dachte: Keiner nimmt mich richtig wahr! Und doch – Gott sieht mich!
In seiner liebevollen Gegenwart komme ich zur Ruhe.Ich tanke neue Kraft und Türen öffnen sich – Dank Gottes Hilfe!
Reinhard Ellsel
Vor 80 Jahren: Stalingrad-Madonna gezeichnet
Dezember 1942: In Stalingrad stehen die 6. deutsche Armee und ihre Verbündeten mit dem Rücken zur Wand, in Nordafrika ist das Afrikakorps auf dem Rückzug, und über Deutschland häufen sich die Bombardements der Alliierten. In den Tagen vor Weihnachten zeichnet der protestantische Pastor und Arzt Dr. Kurt Reuber (1906–1944) mit Holzkohle auf die Rückseite einer russischen Landkarte die sogenannte Stalingrad-Madonna. Er ist zwei Tage vor der Einkesselung aus dem Fronturlaub nach Stalingrad zurückgekehrt...
Die Kohlezeichnung zeigt eine sitzende Frauengestalt. Wie eine katholische Schutzmantelmadonna birgt sie unter ihrem Mantel ein Kind und gibt ihm Schutz und Geborgenheit. Die Darstellung trägt die Umschrift „1942 Weihnachten im Kessel – Festung Stalingrad – Licht, Leben, Liebe“. Drei Dinge, die die Soldaten im Stalingrader Kessel nicht mehr erleben. Sie sterben zu Hunderten und ahnen, dass sie ihre Familien nicht wiedersehen werden. Die einen haben damals jeden Glauben verloren, den an Hitler, aber auch den an Gott. Andere halten sich an Gottes besserer Zukunft wie an einem Gegenentwurf zur Welt fest. „Mir kamen die johanneischen Worte: Licht, Leben, Liebe. Was soll ich dazu noch sagen? Wenn man unsere Lage bedenkt, in der Dunkelheit, Tod und Hass umgehen - und unsere Sehnsucht nach Licht, Leben, Liebe, die so unendlich groß ist in jedem von uns!“
Der Pastor und Dichter Arno Pötzsch (1900-1956), der mit Kurt Reuber persönlich verbunden war, verdichtete die Empfindungen unter anderem so:
„Licht, Leben, Liebe - ach, nicht einer fand
mit seinen Sinnen, was ihn tiefst bewegt!
Lichtlos die Nacht, die Herzen haßerregt,
das arme Leben schon in Todes Hand -
das ist die Welt, in der die Männer feiern,
vereint, stumm in ungeklagter Not,
schier wie in Gräbern unterm Steppenwind!
Und einer wagt's und glaubt für sie an Gott,
reißt ihre Blicke hin zu diesem Kind,
weil Gott die Welt will in dem Kind erneuern.“
Manchmal muss man eben stellvertretend für die anderen glauben...
Die Zeichnung wurde mit einem der letzten Flüge aus Stalingrad ausgeflogen und gelangte durch einen Schwerverwundeten in die Hände der Familie. Die übergab es 1983 auf Anregung von Bundespräsident Karl Carstens der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. Um die Weihnachtszeit 1943 malte Kurt Reuber in einem Kriegsgefangenenlager 1.000 Kilometer nordöstlich von Stalingrad ein ähnliches Bild für die Gefangenenzeitung. Auch die Gefangenen-Madonna gelangte später zu Reubers Frau, zusammen mit der Nachricht, dass er nach schwerer Krankheit am 20. Januar 1944 im Lager gestorben sei. Die Stalingrad-Madonna findet sich heute in verschiedenen künstlerischen Reproduktionen in vielen Kirchen und kirchlichen Häusern, darunter seit 1990 auch in der Kathedrale von Coventry. Manche stehen direkt mit Lebensstationen von Dr. Kurt Reuber in Zusammenhang. Eine Kupfertreibarbeit der Stalingrad-Madonna befindet sich am Grabstein von Johannes Willnauer (1920–1985) auf dem Friedhof in Steyr (Oberösterreich). Er war in Stalingrad Sanitäter bei der Einheit, der auch Kurt Reuber angehörte. Nach dem Krieg wurde er Priester und Religionslehrer.
Friedensgebet
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
(Friedensgebet vom Anfang des 20. Jahrhunderts)